Star-Crossed Lovers

Wann und warum begann eigentlich diese Feindschaft der Montagues und Capulets? Und wieso wird sie seit Generationen weitergegeben? Wie entsteht Feindschaft überhaupt? Aufgrund welcher Ressentiments und Zuschreibungen werden wir ausgegrenzt oder grenzen wir andere aus, und wie kann der Hass überwunden werden?
Ausgehend von Shakespeares weltberühmter Tragödie über die grenzenüberwindende Liebe von Romeo und Julia, die die uralte Feindschaft der Eltern und Großeltern-Generationen zu durchbrechen vermag, entwickelt das Produktionsteam gemeinsam mit Essener Jugendlichen und dem Schauspiel-Ensemble eine neue Erzählung von William Shakespeares „Romeo und Julia“. Im Fokus steht der Hass zwischen den Familien, der die Gegenwart und Zukunft der jugendlichen Figuren im Stück bestimmt. Diese sind kaum älter als 14 Jahre und am Ende die Leidtragenden einer Geschichte mit katastrophalem Ausgang. Wo müssen wir beginnen um davon zu erzählen? Und welche der Erzählungen ist die richtige, was kommt der Wahrheit am nächsten?

„Star-Crossed Lovers“ ist ein partizipatives Langzeitprojekt. Seit September 2023 arbeiten professionelle Künstler*innen des Schauspiel Essen an verschiedenen Essener Schulen (u.a. in Kooperation mit der Gesamtschule Nord in Essen-Vogelheim) und beteiligen Schüler*innen auf vielfältige Weise an künstlerischen Prozessen. An den Workshops war auch der Musiker und Initiator der Produktion Torsten Kindermann sowie der Autor Akın Emanuel Şipal beteiligt, in dieser Spielzeit Artist in Residence am Schauspiel Essen. Bei der Inszenierung stehen Schüler*innen und junge Menschen aus der Stadt zusammen mit Ensemble-Schauspieler*innen des Theaters gemeinsam auf der großen Bühne im Grillo-Theater. - © Schauspiel Essen

  • Regie: Caner Akdeniz
  • Bühne: Susanne Schuboth, Marlene Lücker
  • Kostüme: Emir Medic
  • Musik: Giovanni Berg

 

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(Making) Woyzeck

Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck“, das 1837 nach seinem Tod gefunden wurde, ist einer der folgenreichsten Texte der deutschsprachigen Theaterliteratur. Der Soldat Woyzeck ist darin ein armer von allen abhängiger Mensch, der scheinbar rechtlos Drangsalierung und Herabsetzungen ertragen muss. Die Figuren – die nur so heißen wie ihre Funktion – Doktor, Hauptmann und Tambourmajor – demütigen Woyzeck ohne jede Empathie. Er erträgt enorm viel, auch eine fürchterliche Erbsendiät, die ihn zusätzlich erschöpft und halluzinieren lässt. Schließlich glaubt er, dass er den Ehebruch seiner Frau Marie durchschaut hat. Aus Eifersucht ermordet Woyzeck die einzige Figur, über die er Macht ausüben kann.
Die lose Folge von Szenen, die Büchner zu Lebzeiten nicht zu einem abgeschlossenen Drama formen konnte, stellt radikal die Frage nach der Verantwortung für Gewalt, insbesondere der Gewalt, die der untersten Klasse angetan wird. Ein Femizid am Schluss ist dabei ein unangenehm bekanntes Muster. Es wird vom Polizeidiener im Stück so kommentiert: „Ein guter Mord, ein ächter Mord, ein schöner Mord, so schön als man ihn nur verlangen thun kann, wir haben schon lange so keinen gehabt.“ Diesen zynischen, verstörenden Kommentar kann man als Beschreibung einer kaputten, diskriminierenden und misogynen Gesellschaft verstehen. Aus ihr ausbrechen zu wollen, die Gewalt eben nicht gegen die liebsten Menschen zu richten, sich gegen diese Systematik zu wenden, diesen Wunsch könnte man vielleicht einfach Notwehr nennen.

Der junge Theaterregisseur Caner Akdeniz befragt mit seiner Inszenierung einen klassischen Text auf seine Aktualität in einer Gesellschaft, die sich ihrer Exklusionsmechanismen gerade erst nach und nach bewusst wird. Diese Gesellschaft erhält dabei immer wieder Nachhilfe von denjenigen, die gelernt haben aus ihrem Lebensleid street credibility, fame und Profit zu generieren. „Chabos wissen, wer der Babo ist“ rappt Haftbefehl und behauptet damit unbändige Stärke in einer Welt, die dieser Kunstfigur wohl keine Schwäche verzeiht. Wie weit ist diese Welt von unserer entfernt? - © Schauspiel Essen

  • Regie und Bühne: Caner Akdeniz
  • Kostüme: Emir Medic
  • Video: Jonas Friedrich
  • Dramaturgie: Maximilian Löwenstein

 

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Der gute Mensch von Sezuan - Die Ware Liebe

Drei Götter kommen in die fiktive Stadt Sezuan, um einen einzigen Menschen zu finden, der unter den aktuellen Bedingungen noch ein gutes Leben führen kann. Gelingt ihnen dies, so könne die Welt bleiben, wie sie ist. Mit der Prostituierten Shen Te scheinen sie fündig geworden zu sein, sie statten sie mit einem Startkapital aus, aber der Beweis, dass sie dauerhaft „gut sein“ kann, muss noch von ihr erbracht werden. Nicht einfach, denn seit Shen Te einen kleinen Tabakladen erworben hat, wird sie von ihren Mitmenschen regelrecht belagert und ausgenommen. Und dann verliebt sie sich auch noch in den arbeitslosen Flieger Sun, der sie auch direkt um Geld bittet. Um bei dem ganzen „Gutes tun“ nicht selbst drauf zu gehen, spaltet Shen Te sich auf in die karitative, liebende Frau und den eiskalten Geschäftsmann Shui Ta.

Was kostet es also, ein gutes Leben im schlechten zu führen? Und was bedeuten naturalisierende Vorstellungen von weiblichem und männlichem Verhalten für eine Welt, die angeblich immer weiter gespalten wird? Muss Weltverbesserung wirklich nur „Frauensache“ sein – und braucht es für diese immer eine männliche „bad bank“? Die Frage danach, wie Solidarität und Liebe in einer immer noch stark kapitalistisch-patriarchal geprägten Welt gelingen können, erscheint angesichts der aktuellen Krisen mehr als dringlich. - © Schauspiel Essen

  • Regie: Sapir Heller
  • Bühne und Kostüme: Viktor Reim
  • Musikalische Leitung: Juri Kannheiser
  • Dramaturgie: Christina Zintl

 

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Doktormutter Faust

„Alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“ „Faust“ von Johann Wolfgang von Goethe gilt als Klassiker unter den Klassikern. Veröffentlicht vor mehr als 200 Jahren, stellt sich nun die Frage, was wäre Faust für eine Figur in unserer Gegenwart? Was ist es noch, was die Welt im Innersten zusammenhält? Fatma Aydemir, Autorin der erfolgreichen Romane „Ellbogen“ und „Dschinns“, bearbeitet für das Schauspiel Essen den traditionsreichen Stoff neu und nimmt uns mit ihren Figuren ins Heute.

Dr. Faust ist keine allseits angesehene Gelehrte mehr. In einer wissenschaftsfeindlichen Gesellschaft wird sie zur Verschwörerin erklärt und denunziert, von ihren Studierenden gefeiert für ihre feministischen Positionen gegen einen reaktionären Staat. Am Tiefpunkt ihrer Sinnkrise als Ewigforschende trifft Dr. Faust auf Mephisto, der*die Faust den höchsten Genuss verspricht und im Gegenzug ihre Seele fordert. Der Pakt ist geschlossen. Faust verliebt sich in ihren deutlich jüngeren Doktoranden, der ein großer Bewunderer von Fausts Lehre ist, sich Fausts Verführung aber nur widerwillig fügt. „Doktormutter Faust“ ist eine feministische Überschreibung von Goethes Klassiker, eine faustische Kritik am Personenkult emanzipatorischer Bewegungen und eine Warnung vor der teuflischen Herrschaft des Populismus – Vor dem Hintergrund, dass, wenn etwas real wahrgenommen wird, es in seinen Konsequenzen real ist, wird in Aydemirs Text die Frage „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“ zu „Nun sag, wie hast du’s mit dem Konsens?“ Denn: „Ob es Gott gibt, wissen wir nicht, aber es hat Konsequenzen, wenn wir das glauben.“ (Andreas Reckwitz) - © Schauspiel Essen

  • Regie: Selen Kara
  • Bühne: Lydia Merkel
  • Kostüme: Anna Maria Schories
  • Musik: Torsten Kindermann, Ruben Philipp
  • Dramaturgie: Margrit Sengebusch

 

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